Prächtig


Denkt man an die Kombination aus Mathematik und Kunst, fallen einem vermutlich zuerst Johann-Sebastian Bach oder Karlheinz Stockhausen ein. Prächtig (Robin Mügge) hat man vermutlich nicht auf dem Zettel. Und doch: der gebürtige Hannoveraner, der gerade 25jährig, momentan in Glasgow an seinem Doktor in Statistik arbeitet, ist eine erfrischende Abwechslung zu dem Autotune- und Instantbeat-Einheitsbrei dieser Tage. Seine Lieder sind nicht unschuldig, aber doch frei von Anzüglichkeiten. Sie sind prosaisch, ohne verkopft zu sein und klug, aber nicht überheblich. Prächtig besingt Alltagssituationen, die jeder kennt, aber die noch niemand so beschrieben hat. In einer Welt, in der neunjährige auf YouTube mit Mozart glänzen, leistet er sich schiefe Töne und nicht perfekt gespielte Gitarren, aber, um es mit seinen eigenen Worten zu sagen, „ist doch egal, es ist trotzdem schön“. Denn Prächtig beherrscht, was Tolstoi seinerzeit „die Kurzschrift des Gefühls“ nannte. Auch der selbstironisch als Qualitätssiegel verhängte Name – ein „überholtes und phonetisch irgendwie unglückliches Wort“ – ist doch genau das. Man möchte meinen, das große Feld des Indie-Pop-Singer/Songwriter-Folk-Noir sei mittlerweile abgeerntet, aber Robin scheint eine kleine, fruchtbare Stelle gefunden zu haben, an der seine Arbeit prächtig gedeiht. Eine Stelle vielleicht, die die Niels Freverts, Jan Plewkas und Nils Koppruchs unseres Landes übersehen haben könnten und wo nur das wächst, was ehrlich und voll und ganz so gemeint ist. Für Prächtig ist das Glas weder halb voll noch halb leer. Es ist zur Hälfte gefüllt mit einer obskuren Flüssigkeit, die zu untersuchen es sich lohnt, immer wieder aufs Neue. Und bei diesen Untersuchungen erhebt er keinen Anspruch auf Richtigkeit, weder, was Perspektive noch was Töne angeht. Aber es gibt in Prächtigs Musik eine leidenschaftliche Wahrhaftigkeit, die mal Augen zwinkernd, mal liebevoll und mal einfach hingerotzt daher kommt. Seine Musik erzählt charmant von den schönen Hässlichkeiten des Lebens, vom auf die Füße und auf den Hintern fallen, manchmal mit Trampolin darunter, manchmal auch nicht. Der Künstler selbst bezeichnet seine Musik liebevoll als „Schrummelpop“. Wenn das ein Synonym für „zwischen Indie-Pop und Folk Noir oszillierend“ sein soll, dann bitte. Seit dem letzten Sommer hat der Künstler fünf Singles veröffentlicht, eine echter als die andere. Prächtig hat was zu erzählen und wenn man die Chance bekommt, ihm zuzuhören, sollte man die auch nutzen.

 

 

 

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