Haiyti

25 Songs. Millionen Melodien, Bilder, grellbunte Lichter. “Speed Date” ist eine Reise durch Haiytis Multiversum in Hypergeschwindigkeit. Es geht auf dem Album um alles und die Liebe – und um die ewige Frage, wo genau da nochmal der Unterschied war. Wer flüchtig hinguckt, sieht oft nur das Chaos und nicht die Methode dahinter, nur den Wald und nicht wie die Bäume in perfekter Ordnung zueinander wuchern. Und flüchtig hingucken, das ist nun mal der Modus unserer Zeit. Swipe und weg und next. Es ist dieser Modus, der auch Haiytis Hyperaktivität hervorgebracht hat: ihren Drang, Neues zu machen und Neues zu schaffen. Haiyti hat in den vergangenen fünf Jahren die Deutschrap-Welt umgekrempelt und neu definiert, wie Pop in diesem Land zu klingen hat. Das ist nicht nur so dahingesagt für die Punchline im Pressetext. Kenner wissen: Ganz oben in den Charts stehen oft andere, aber sie stehen da auch, weil Haiyti ihnen gezeigt hat, wie es geht. Was alles gehen kann. Die Hamburgerin mit Wahlwohnsitz im Wedding haut Alben raus wie andere Leute Singles – und Singles, aus denen andere Leute ganze Alben schinden würden. So viele Ideen stecken darin, so viele Melodien, so viele Bilder, so viel Energie. Wer flüchtig hinguckt, sieht dabei nur den Wahnsinn. Wer ein Gespür für echte Kunst hat, auch das Genie. Aber Haiyti hat in all dem ihre Ordnung gefunden. Ihren Stil. Ihre eigene Welt. “Speed Date” ist der nächste natürliche Schritt in dieser Entwicklung. Haiyti selbst beschreibt es als “Affekt-Album”. Während andere sich mit einer Armada an Star-Producern, Loop-Schergen und Ghostwritern in Camps auf Santorini einbuchen, um wochenlang Reißbrett-Material für den nächsten Spotify-Pitch zu (re-)produzieren, schreibt Haiyti ihre Hits beinahe aus Versehen. Sie macht, weil sie muss. Und weil sie nicht stehen bleiben kann, wo die Erde längst verbrannt ist. “Sui Sui” war geprägt von Glanz und Perfektion. “Influencer” war die düstere Seite dieser Ghetto-Gold-Medaille. Und “Mieses Leben” war ein Moment der bewussten Rückbesinnung auf die Wurzeln in der Trap. Mit “Speed Date” nimmt Haiyti die jeweiligen Erfolgsrezepte dieser drei Alben – und wirft sie zerknüllt in den nächsten Mülleimer. “Speed Date” ist einprägsamer und greller als alles, was Haiyti bislang gemacht. Gleichzeitig ist es kaputter und künstlerischer. “Ich liebe Pop”, sagt Haiyti. “Aber ich bin gelangweilt von normalem Pop. Also habe ich meinen Pop kaputt gemacht.” Statt durchschaubaren Flows und mathematischen Hooks gibt es auf “Speed Date” also Kaputt-Pop. Der Opener setzt den Ton für die folgenden 24 Songs. Der Beat ballert, eiert, stresst – und schleimt sich trotzdem ins Ohr. Haiyti lallt, schreit, singt wie Engel – und macht Ansage wie der King, der sie ist: “Ich bin Haiyti One, und wer bist du?” Das herzzerreißende “Sterben” klingt wie Schlager Dancehall aus einer bittersüßen Zukunftssimulation, “Lois Lane” wie Hyperpop auf Hustensaft und PCP. Auf dem Possecut “Burberry Money Clip All Starz”, mit dem Haiyti ihr neues Signing Sly Alone sowie diverse andere Newcomer aus ihrem Orbit vorstellt, hört man  das verballerte Gelaber einer Montagmittag-Afterhour im Hintergrund. “Milligramm” wiederum ist eigentlich ein simpel-stupider Trap-Klopper, bevor er mittendrin über Extra-Effekte von DJ Heroin stolpert und schließlich in einer Zeile aufgeht, die Haiytis Haltung seit Tag eins auf den Punkt bringt: “Ab jetzt ist eh egal.” Dazwischen gibt es immer wieder Lieder die alle Facetten abdecken, was wir Liebe nennen, von Es-ist-kompliziert bis Es-ist-perfekt-aber-deswegen-auch-einfach-wahnsinnig-kompliziert. Oder wie Haiyti selbst es ausdrückt: “ein gequältes Junkie Heart und Sehnsucht auf höchstem Niveau”. All das kommt schließlich zusammen auf dem abschließenden “Gabba”. Der Vibe führt zurück in selige Teenie-Zeiten voll naiver Hoffnung und ungetrübter Neugier: Herz an Herz durch diese eine Nacht, die niemals endet, mit Schmetterlingen im Bauch – und einem Tempowechsel in den finalen Sekunden, der einen trotz all der wilden Wendungen zuvor dennoch völlig unvorbereitet trifft. “Gabba” vereint Happy-Hardcore-Harmonien, Tekkno-Tempo und Baile-Rhythmik mit pappsüßem Pop. So irrsinnig, drüber und wunderschön perfekt, wie es einfach nur Haiyti kann. Hyper? Hyper!

 

 

 

 

 

 

 

 

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