Anna Depenbusch

Deutschlands Liedermacherin Nummer Eins legt ihr neues Album vor: Echtzeit. Es geht um echte, unmittelbare Momente in Zeiten der Digitalisierung, um die Frage, wie es ihren Protagonisten aus „Tim liebt Tina“ in der Zwischenzeit ergangen ist und um die Bekenntnisse, die eine analoge Echtzeit-Aufnahme auf Vinyl preisgeben. Liedermacherin: Es ist dieser nur scheinbar altmodische Begriff, den Anna Depenbusch tief in ihr Herz geschlossen hat. Liebt die Künstlerin es doch, Geschichten zu erzählen. Kuriositäten und Beiläufigkeiten, Phantastisches und Verträumtes, schlicht und zeitlos – eben die Poesie des Alltags. Texte, die mit ihrer Musik verwoben sind: „Das lässt sich nicht trennen. Melodien beeinflussen die Bedeutung der Sätze – der Akkord macht das Wort. Und umgekehrt.“ So hat die singende Dichterin schon früh ihren unverwechselbaren Stil kreiert: ebenso zärtliche wie wortgewaltige Texte, in denen sie nicht nur ihre Seele offen legt, sondern die auch Offenbarung für andere Seelen sind. Musikalisch zwischen Edith Piaf, Björk und Hildegard Knef– immer im Zwiegespräch mit den eigenen Worten. Von tieftraurig bis urkomisch. Mit ebendieser Mischung hat Anna Depenbusch mittlerweile schon ganz eigene Geschichte geschrieben: Fünf Studioalben, zwei Soloalben in „schwarzweiß“ am Klavier. Deutschlandweite Tourneen von der Hamburger Elbphilharmonie bis zum Münchner Prinzregententheater. Auszeichnungen wie den Fred-Jay-Preis und den Deutschen Chanson-Preis, zwei Nominierungen für den Deutschen Musikautorenpreis. Ein Ende ist für Anna noch lange nicht in Sicht: „Es schwirren unendlich viele Lieder umher, die noch gar nicht entstanden sind – und wenn sich dann ein Lied für mich entschieden hat, findet es seinen Weg durch meine Gefühle und Harmonien.“  Geschichten erzählt sie aktuell mit Vorliebe wieder solo am Klavier – oder vielmehr an ihrem Salonflügel. ‚Frau Rachals‘ – so nennt die Musikerin das Instrument in ihrem Studio aus der gleichnamigen Hamburger Pianofortefabrik. 1920 gebaut, hatte sie den verwahrlosten Flügel bei einem Möbelhändler entdeckt und sich in das, von seiner Mechanik her eigentlich defekte Klavier verliebt – „Das ist ein Geschichtenerzähler-Flügel!“. Anna ließ das Instrument gegen alle ökonomischen Ratschläge restaurieren und der alten Dame neue Saiten aufziehen, um sich nun täglich mit ihr zu unterhalten: „Wenn man sich vorstellt, was dieser Flügel damals in den 20er- und 30er-Jahren alles in Hamburg erlebt hat… Ich dachte mir: Frau Rachals braucht mehr Zeit. Sie hat noch nicht all ihre Geschichten erzählt.“ Frau Rachals hat ihrer Freundin nun zweifellos einiges anvertraut – glamouröse Erlebnisse aus den goldenen Zwanziger Jahren auf der Reeperbahn. Persönliche Einblicke in die Hinterzimmer der Gesellschaft. Inspiriert von den Abenteuern der alten Dame, schlägt die Tastenlyrikerin auf ihrem neuen Album nun die Brücke zwischen der Vergangenheit und der Zukunft: hier die Gedanken an die bewegenden Umbruchzeiten des vergangenen Jahrhunderts, wo das Lied „Eisvogelfrau“ an eine mutige, historische Frau erinnert,  dort der Blick nach vorn – „Wie möchte ich eigentlich künftig meine Lebenszeit erfüllt verbringen?“. „Mich berühren besonders die flüchtigen Zwischenmenschlichkeiten. Das große Gefühl im kleinen Moment, der Zauber des Alltäglichen.“ – wie im erzählerischen Lied „500 Meter Märchen“. Mit Sehnsucht forscht sie nach der eigenen Wahrheit in der persönlichen Begegnung und sucht das direkte Gespräch. Weniger digitale Ungeduld und Sofortness – mehr Echtzeit im reduzierten Augenblick. Im leichtfüßigen Lied „Tim 2.0“ schaut Anna Depenbusch nach zehn Jahren noch mal bei ihrem Protagonisten aus ihrem Liebesreigen „Tim liebt Tina“ nach. Wie ist es Tim ergangen die letzten Jahre, in Zeiten des Optimierungswahns? In Augenblicken, in welchen unsere digitalen Geräte uns in Echtzeit mit neuen Daten und Informationen versorgen, wir immer mehr in kürzester Zeit verarbeiten müssen. Auch die Liedermacherin selbst möchte entschleunigen, Abstand nehmen vom Druck, den die Digitalisierung auf sie aufbaut. Sie schafft sich eigene Kommunikationsräume, die zu ihrem Rhythmus passen. In ihrem monatlichen E-Mail Newsletter und einer eigenen Kolumne „Die Welt der Anna Depenbusch“ wirft sie einen zärtlichen und zugleich humorvollen Blick auf die Menschheit mit all ihren Eigenheiten. Zurück bleibt für Anna aber immer die Frage: Wie echtzeitfähig sind wir selbst eigentlich? So entsteht die Idee zum neuen Album: „Ich sehne mich musikalisch nach echten, unmittelbaren Momenten. So wie ich es solo am Klavier in meinen Konzerten mit dem Publikum erlebe. Wie bekomme ich dieses Gefühl auf ein Studioalbum?“ Anna entscheidet sich für eine einzigartige Aufnahmetechnik: Den analogen Vinyl-Direktmitschnitt. Zeit und Ort: Januar in den Emil Berliner Studios, die spezialisiert und weltweit renommiert für analoge Viny-Direktaufnahmen sind. Eine Echtzeit-Aufnahme also, in welcher das Album am Stück, ohne Schnitt und ohne Pause, live und komplett analog eingespielt wird. Ein Produktionsprozess, der einer einmaligen Choreografie zwischen Gebäude, Künstlerin, Tonmeister und Vinyl-Schneideraum gleicht. Ein Prozess ohne beschönigendes Bearbeiten, ohne Wenn und Aber, ein musikalischer Moment in Echtzeit. Charmante Unregelmäßigkeiten gehören zum echtzeitigen Konzept, sobald die Diamantnadel in das Vinyl taucht und die rote Aufnahmelampe aufleuchtet, gibt es kein Zurück mehr. „Das Leben ist nicht Perfekt! Ich möchte zeigen, wie wunderschön genau das ist. Natürlich schüchtert mich der Aufnahmeprozess ein. Eine Mischung aus Angst, Euphorie und Adrenalin schießt mir durch den Körper, wenn ich daran denke. Aber genau das ist die Herausforderung.“ Und weil diese kleinen, unperfekten Momente das sind, was die Musikerin am meisten liebt, möchte sie diese mit einem Publikum vor Ort teilen. „Ein ausgewähltes Publikum wird am Aufnahmetag Teil der Aufnahme sein, als emotionale Unterstützung, wie bei meinen Konzerten.“ Und wie klingt „Echtzeit“, der eröffnende Titelsong des Albums? „Das wissen wir noch nicht! Diese erste Songposition des Albums bleibt bis dahin offen, um dem realen Augenblick einen freien Platz zu lassen.“ Und so klingt es auch wie eine Verheißung, wenn die eigensinnige Poetin beim Blick nach vorn feststellt: „Ich habe das Gefühl, erst jetzt im meiner Zeit angekommen zu sein, um Gedanken noch spannender in Lieder gießen zu können – schließlich sehe ich mich als moderne Muse, die andere Menschen inspirieren möchte, Dinge auch mal neu zu denken und neu zu fühlen. Ich werde mein Leben lang Geschichten erzählen.“ Anna Depenbusch findet für ihre leidenschaftlichen Lieder die zeitgeistige Form. Wir begleiten sie dabei und so schließt sich zum Ende der Kreis in Echtzeit.

 

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