Temmis
Temmis
Im Kosmos TEMMIS scheinen die guten Nachrichten in diesen Tagen kein Ende nehmen zu wollen. Auf die am 2. September 2024 erschienene EP »LOVE Extended« ließ das Tübinger Viergespann keine zwei Wochen später die bissig-fordernde Single »Superhot« und damit den Vorboten des nächsten Großprojekts folgen. Mit »Tageslicht fall auf mich« platzt am heutigen Freitag die zweite TEMMIS-EP binnen eines Monats in die deutsche Indiepop-Landschaft. Sie präsentiert die Band in angestammtem Gewand und neuem Licht, steht in vielerlei Hinsicht in einem Yin-und-Yang-artigen Verhältnis zur Schlechte-Nacht-Geschichte »LOVE«. Im direkten Kontrast zu seinem düster-poetischen Vorläufer spielt das skeptisch-preschende »Tageslicht fall auf mich« in grellweißer Kulisse. Schien die Sicht in Richtung Planet »Hoffnung« zuletzt umfassend von Larmoyanz, Pessimismus und traurig-tanzbaren Sound-Gebäuden versperrt, bricht der Himmel nun ein gutes Stück auf. Grau ist er immer noch - aber plötzlich ist da Zuversicht, ist da Mut zur Wut und zur selbstgewissen Lücke, ist da Empowerment im sonst so brüchig-apathischen Gesang, ist da diese hartnäckige »Morgensonne«. Wenn TEMMIS das Wort ergreifen, werden Finger in Wunden gelegt, Angstattacken vertont und Fragilitäten ausgebreitet. Dann werden Träume begraben, dann fallen Sätze à la »Ich muss hier raus, nehm’ ich die Stufen oder spring’ ich einfach runter und schlag’ auf« - das war bisher immer so, das ist auch diesmal so. »Tageslicht fall auf mich« erzählt in vier Akten von den toxischen Stolperfallen der Moderne, von psychosomatischen und realen Schmerzen, von Selbstzweifeln und trüber Phantasie - aber eben mit positiven oder mindestens kämpferischen Plots Marke »Glaub’ an niemand’, nur an dich«. Alle vier EP-Titel können als für TEMMIS-Verhältnisse laute Appelle verstanden werden - gegen den Reflex zur Schwarzmalerei und für die Rückkehr zum Selbst. »Tageslicht fall auf mich« begegnet der Hoffnungslosigkeit mit Ungehorsam und rät zur Lebensbejahung - auf lyrischer, aber auch auf musikalischer Ebene. »Tageslicht fall auf mich« ist der Versuch, den analog-synthetischen Bandsound der Nullerjahre-Indiewave in die Neuzeit zu übersetzen und Jugendhelden wie Bloc Party, The Strokes, The Help, The Kooks oder den Arctic Monkeys Tribut zu zollen. All jene Bands waren dazu in der Lage, in aufbrausenden Momenten maximal authentisch ekstatische Stimmungen freizusetzen und auszulösen - und genau das gelingt TEMMIS auf »Tageslicht fall auf mich« auch. Das beste Exempel? Der ungestüm pulsierende, von eindringlichen Post-Punk-Gitarren und zerrenden Synths ummantelte Fokus-Track »Treppenhaus«, den Roman, Tizi, Emil und Alex seit eh und je in ihre Live-Set integriert haben und nun endlich offiziell veröffentlichen. Ebenfalls erwähnenswert: Das elektrisch geladene, herzpochende EP-Finale »morgensonne fang mich auf« - ein fast fünfminütiges Phasenspiel, das trotz der mitschwingenden Smart- und Schlankheit in seinem Verlauf immer wärmer, klangschöner, vieldimensionaler und euphorischer erscheint. »Morgensonne fang mich auf« - auch das ist eine Besonderheit - ist das einzige Stück in der »Tageslicht fall auf mich«-Tracklist, das Sänger Roman eigenhändig produziert hat. An »Hoffnung«, »Superhot« und »Treppenhaus« hat Dennis Borger partizipiert - ein Berliner Produzent, der sich in der Szene wegen seiner Zusammenarbeiten mit Trille und Betterov unlängst einen Namen gemacht hat und im Herbst 2024 erstmals im TEMMIS-Universum aufploppt.
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www.instagram.com/temmissss