Simona
Simona
Als SIMONA im vergangenen Herbst ihr Debütalbum „GLÜCK“ veröffentlichte, zog sie nach langen Jahren emotionaler Dunkelheit Zwischenbilanz. „Ich habe auf meinem Album das Glück gefunden“, kommentierte sie damals, betonte aber gleichzeitig: „Glück haben und glücklich sein ist nicht dasselbe... Ich bin immer noch auf der Suche nach dem Glück“.“ Die (Leidens-)Geschichte von SIMONA ist noch lange nicht auserzählt, da ist noch jede Menge, was raus muss, das zeigt allein die Tatsache, dass ihr zweites Album nur ein Jahr nach dem Debüt erscheint. „Monster“ dokumentiert einen langen Weg von Schmerz, Verzweiflung und Wut bis hin zu Vergebung und neuer Liebe. Nach den bereits veröffentlichten Singles „Schutzschild“, „Hund“ (feat.Takt32), „Seit du da bist“ und „Wunden“ erscheint zur Albumveröffentlichung die neue Single, der Titeltrack „Monster“. Oft wählen Sänger:innen abstrakte Bilder, um eine Leidensgeschichte zu verarbeiten. SIMONA nimmt den direkten Weg – ungefiltert, ungeschönt, unzensiert. Wenn es für sie nach Jahren in einer Beziehung, die sie als „hasserfüllt, vergiftet und gewaltvoll“ beschreibt, eine Katharsis geben kann, dann nur, wenn sie die Dinge beim Namen nennt. „Nachdem mein erstes Album mit dem Strom des Wassers floss und im Wandel und auf der Suche war, soll mein zweites Album alles niederbrennen“, kommentiert SIMONA. Zwischen dem ersten und dem zweiten Album gab es eine einschneidende Veränderung in ihrem Leben, die entscheidend dazu beigetragen hat: „Ich habe mich von dem Mann getrennt, mit dem ich sieben Jahre verheiratet war, von dem Mann, mit dem ich zwei Kinder bekommen habe“, so SIMONA. Es war der letzte Akt eines jahrelangen Prozesses. „Monster“ erzählt diese Geschichte von den ersten Trennungsgedanken bis zum bitteren Rosenkrieg nach der Trennung. Wie schon ihr Debütalbum hat SIMONA das neue Album komplett zu Hause geschrieben und koproduziert. „Durch die Erfahrung, die ich nach dem ersten Album gesammelt habe, habe ich eigentlich schon beim Schreiben und Komponieren die verschiedenen Produktionen gehört und in meinem Kopf gehabt, so dass ich sie dann mit meinem Team umsetzen und ausarbeiten konnte“, erzählt sie. „Das hat das Album wieder sehr abwechslungsreich gemacht und verschiedene Soundwelten aufgemacht, trotzdem gibt es einen klaren roten Faden. So habe ich als ‚Element‘ für mein Album das Feuer gewählt. Brennen und anzünden, anzünden und brennen, bis nichts mehr übrig ist – das ist der Vibe auf dem Album.“ Schon früh war SIMONA klar, dass sie dafür einen Sound braucht, der groß ist, cineastisch – und rockig. „Schon beim Schreiben der Songs habe ich ein echtes, volles Schlagzeug, große Synths und verzweifelte Gitarrensounds gehört. Das ist klanglich eine ganz neue Welt, in der ich mich unglaublich wohl fühle“, sagt die Musikerin, deren Liebe zum Rock-Genre weit zurückreicht: „Ich bin bei meinem Vater aufgewachsen, der ein begnadeter Rockmusiker ist, ein Gott an der Gitarre. Wie viele Abende hat er mich zu seinen Bandprobenmitgenommen, ich war schon immer so gebannt von diesem Genre. Es ist so laut, intensiv und kraftvoll – genau das habe ich für das Album gebraucht und mir somit diese neue Welt eröffnet.“ Diese Welt beginnt mit dem Intro-Track „Nichts“. „Ich hab den Teufel schon gesehen / Ihr macht mir keine Angst mehr / Mich jagten Stimmen in meinem Kopf / Heute hör‘ ich nichts mehr“ – SIMONA ist durch die Hölle gegangen und am anderen Ende wieder herausgekommen. Wo auf dem letzten Album noch das Fegefeuer wütete, sieht sie jetzt wieder Licht. Es war ein harter Weg, den sie am Ende ganz alleine gehen musste: „Ich suchte mich in eurem Licht / Und fand mich dann in meinem“, singt sie zu gespenstischen Melodien, disharmonischen Akkorden und einem nervös zuckenden 808-Beat. Mit dem darauffolgenden Track „Hund“ führt uns SIMONA zurück in die Zeit, als sie noch in der toxischen Beziehung feststeckte. Die Kollaboration mit dem Takt 32 – nach „KOFFER“ und „Ehrlich“ (beide 2023) bereits die dritte Zusammenarbeit zwischen der Sängerin und dem Rapper – entfaltet sich in Form eines packenden Streitgesprächs zwischen zwei Menschen, die sich einst liebten, inzwischen aber nur noch Vorwürfe und Schuldzuweisungen füreinander übrighaben. Dabei wäre SIMONA so gerne anders, wenn sie nur könnte. Denn eigentlich liebt sie ihn immer noch „so sehr, doch ich glaub, langsam halt ich’s nicht mehr mit dir aus“. Es gab eine Zeit, da waren sie füreinander da, machten sich gegenseitig stärker. Heute schwächen sie sich nur noch, sehen nur noch das Schlechte und nicht mehr das Schöne – „scheißegal, was du tust, am Ende ist es immer meine Schuld / Und selbst wenn gar nichts ist, findest du immer einen Grund.“ Und so versucht SIMONA verzweifelt, sich mit einem Schutzmantel zu umgeben, um eine verwundbare Stelle – ihr Herz – zu schützen. „Ich trage meine Jacke als Schutzschild“, singt sie in „Schutzschild“. Doch am Ende ist diese Jacke nicht genug, kann nicht genug sein, wenn man den ständigen Eskapaden seines Gegenübers ausgeliefert ist, während man selbst das Gefühl hat, immer tiefer zufallen. Track 4, „Zünd mich an“, ist der Moment, in dem sie den Absprungschafft: „Ich werd‘ nicht mehr zurückkommen“, singt sie, und stellt klar: „Ich laufe lieber ins Feuer / Als nochmal durch die Hölle für dich“. Die folgende Phase ist geprägt von Orientierungslosigkeit und der Suche nach sich selbst: „Ich ziehe wie ein Geist durch deine Straßen / Aus Langeweile zähle ich meine Narben“, heißt es in „Nach Hause“. SIMONA taucht unter, wird unsichtbar, „Ich bin eine Frau, die man übersieht“. Es ist ein Survivalmodus, der vor allem dazu dient, dass ER sie nicht sieht: „Und ich stehe an der Straße und du fährst an mir vorbei ist da diese große Sehnsucht nach einer neuen emotionalen Heimat: „Bring mich nach Hause, ja ja / Fahr mich nach Hause, jaja“, singt SIMONA über pulsierenden Klangflächen und satt drückenden Bässen. Dieser Wunsch geht in „Seit du da bist“ in Erfüllung. Der Song ist so etwas wieder Wendepunkt des Albums. SIMONA hat sich freigeschwommen, hat sich neu verliebt. Zum ersten Mal seit einer schier endlosen Zeit „kann ich schlafen, kann ich essen / Zum ersten Mal glaube ich, ich kann den ganzen Scheiß vergessen.“ Dass sie dem Frieden dennoch nicht traut, liegt vor allem an den inneren Dämonen, die sie noch immer regelmäßig heimsuchen – „ich hab Angst, dass du mit mir verbrennst / Wenn du neben mir pennst“. Die Produktion von „Seit du da bist“ unterstreicht die emotionalen Pole, zwischen denen sich der Song bewegt – eine E-Gitarren-Melodie in tiefen Lagen voller Schönheit und Tiefe und pulsierende Klangflächen vertonen in den Strophen das Zurückgenommene, Zärtliche dieser sich vorsichtig aufbauenden neuen Liebe, während im rockigen Refrain die großen, ungefilterten Emotionen durchbrechen, die SIMONA und ihre Songs auszeichnen. „Seit du da bist“ ist der erste Hoffnungsschimmer auf dem Album. Sie hat sich auf eine neue Reise begeben, ist bereit, Erlebtes hinter sich zu lassen. Die neue Liebe gibt ihr Kraft, „du machst mich zur Kriegerin / Mit dir zieh ich in den Kampf / Und ganz egal, wie oft er schießt / Unsere Liebe hält uns warm“, heißt es in „Kriegerin“. Der darauffolgende Song, „den Rest“, ist eine schwebend leichte Liebeserklärung an den Menschen, der Farbe in ihr Leben malt, wenn sie schwarzsieht, der „Rosen an den Ort“ pflanzte, „an dem mein Grab war / Du bist das kleine Stück Frieden / Das mir gefehlt hat bis jetzt“. Nach Jahren, in denen sie sich fast bis zur Selbstauflösung verausgabt hat, ist zwar nicht mehr viel von ihr übrig, aber „du kannst ihn haben, den Rest / Bitte pass gut auf ihn auf“. Dass auch die „Kriegerin“ nicht unverwundbar ist, zeigt „Wunden“. Zu schlimm sind die Erinnerungen, die sie manchmal nachts im Traum heimsuchen: „Ich träume immer noch von deiner Faust“, singt sie, „ich komm‘ aus dem Auto nicht mehr raus / Ich hör die Schritte, wie du mich jagst.“ Sie habe noch nie solche Angst gehabt, fügt sie hinzu. Und man glaubt es ihr sofort. Dass SIMONA ihren Frieden noch nicht gefunden hat, unterstreicht auch die Produktion des Songs: Nervös flirrende Elektronik, harte Trap-Beats und weit hallende Klangflächen erzeugen eine intensive Atmosphäre, und spätestens als bei der Zeile „Weißt du noch, wie sehr es wehtat? Oder hast du sie schon vergessen, diese Nacht?“ die Sirenengeräusche eines Krankenwagens im Hintergrund zu hören sind, stockt einem beim Zuhören der Atem. Nein, das hier ist kein Märchen. Das hier ist das echte Leben. Das Leben von SIMONA. Deshalb steuert dieses Album auch nicht in Disney-Manier zielsicher auf ein Happy End zu, sondern in „Genug“ erzählt sie von Selbstzweifeln und Gefühlen fehlender Selbstliebe. Wie kann man jemanden lieben, der so schwer an sich trägt? „Ich hab euch nich verdient / Und ich schmeiß mich weg / So wie meinen Text / Nie was Schlechteres geschrieben.“ Die Vergangenheit vergeht nicht. Der Weg zum inneren Frieden kann letztlich nur über Akzeptanz und Zärtlichkeit führen - mit sich selbst, aber auch mit den „Monstern unterm Bett“. Ihnen widmet SIMONA den letzten Song und Titeltrack des Albums: „Dank euch bin ich niemals alleine / Ihr seid für mich da und fangt mich, wenn ich weine / Ja die Monster unterm Bett hörn‘ mir zu“. If you can’t beat ‘em, join ‘em - getreu dem alten Motto verbündet sich SIMONA mit ihren Monstern. „Monster“ ist ein gospeliger Feelgood-Track, wie man ihn von SIMONA noch nicht gehört hat. Und mit dem sie sich demonstrativ gut gelaunt in die bevorstehende Depri-Saison verabschiedet: „Endlich wieder Depris schieben bis März / Doch dank der Instagram Filter komm selbst ich gut durch den Winter“. Und dann, ganz am Ende des Songs und damit des Albums, inmitten all der Feelgood-Chöre des Songs, kommt fast unmerklich eine Zeile, die zum finalen Erlösungsmoment des jahrelangen Kampfes wird: „Ich lass dich los“. „Monster“ nimmt uns SIMONA einmal mehr mit auf eine packende emotionale Reise – eine Reise, aus der sie gestärkt hervorgeht. „Ich würde das Album als unfassbar gefühlvoll und stark beschreiben“, schließlich sie. „Es ist sehr persönlich und trotzdem nachvollziehbar. Ich bin zur Kriegerin geworden und ab jetzt geht es bergauf.“
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