Locas in Love
Locas in Love
Locas in Love, mittlerweile im 14. Bandjahr angekommen, veröffentlichen unter dem Titel „Kalender“ ihr siebtes Studioalbum. Und wenn man die beiden Karpatenhund-Alben hinzuzählen möchte, sind es tatsächlich schon neune. Erst im Februar hatte das Kölner Kollektiv das Doppel-Album „Use Your Illusion 3 & 4“ veröffentlicht, aber wie das manchmal so ist mit den Produktionszeiträumen: Bis das eine Album endlich erschienen ist, hat man unter Umständen schon wieder das nächste Album geschrieben. Und dieses Mal wollte man auf keinen Fall zu lange mit der Veröffentlichung warten: Was raus muss, muss raus! Dabei zeigen sich Locas in Love auf „Kalender“ bei aller Produktivität vermehrt von ihrer dunklen Seite: „Es gibt kein richtiges Leben im Bürgerlichen“, singt Stefanie Schrank im Song „Oh!“, von der auch der kunstvolle Wandkalender mit zwölf Motiven zwischen abgründig, absurd und humorvoll stammt, der dem Album beigelegt ist. Dabei waren Locas in Love eigentlich immer schon das perfekte Bindeglied zwischen Indie-Untergrund und Breitwand-Pop. Also der ideale Soundtrack für eine moderne Bürgerlichkeit mit einer abgeschlossenen 90s-Sozialisation zwischen Bret Easton Ellis, David Lynch, Nirvana und den Simpsons. Aber nur bei oberflächlicher Betrachtungsweise! Denn wer genau hinhörte bei den Vorgänger-Alben wie „Saurus“ oder „Lemming“ konnte schon immer bedrohliche Risse im restaurierten Sound-Stuck erkennen. Und in den Texten von Songschreiber Björn Sonnenberg, der gerne absichtlich die Metrik und Reimschemen aufbricht, fühlten sich die Protagonisten schon immer angewidert und fremd in der Sprechposition der sogenannten Pop-Linken, die im Hochsicherheitstrakt namens Bundesrepublik Deutschland ihr eigenes Klientel bespaßen, nur um daraus am Ende selbst einen Distinktionsgewinn zu ziehen. Locas in Love versuchen über den Kopf hinaus dahinzugehen wo es wirklich wehtut: Mitten ins Herz hinein! „Ich werde ein Lied für alle schreiben“ ist dabei noch der größte Schlager auf diesem Album, wobei die Unmöglichkeit, tatsächlich ein Lied für alle Menschen zu schreiben, für jede Lebenssituation und Emotion, und das auch noch in deutscher Sprache, die ganze Zeit über im Song mitschwingt. Dieses Lied darf man also durchaus als eine Hymne auf das Scheitern an sich begreifen. Der Locas in Love Fan dürfte sich jedenfalls schon einmal bestätigt fühlen. Gleich zu Beginn sterben auf „Kalender“ alle Großeltern, und doch bleibt am Ende ein tröstliches „Gute Nacht“-Lied. Ja, Morgen ist auch noch ein Tag. Und nächste Woche beginnt schon wieder der Oktober. Und neulich beim Kaffee mit Freunden gab es schon wieder Spekulatius. Raum und Zeit bleiben bis auf weiteres eine „Abstract Machine“, und Locas in Love formulieren weiter Album für Album unter der Flagge „Freundschaft, Manifeste und Zerstörung“. Kalender scheint sich dabei vor allem in der 4. Dimension abzuspielen. Und wenn alte Wünsche sterben, fällt es wieder schwer an neue zu glauben! Dass es kein richtiges Leben im Bürgerlichen gibt, darf jedenfalls weiterhin als sicher gelten. Aber immerhin gibt es für dieses Leben jetzt den richtigen Kalender.
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