Kex Kuhl

Halb Acht morgens, Taha Cakmak steht auf. Jawohl, Kex Kuhl ist Frühaufsteher! Oder er ist noch wach... kommt drauf an, ob ein Wochentag ist oder Wochenende. Wobei das in Berlin eh immer bisschen relativ ist. Taha wohnt auch noch zentral, oft sind die nächtlichen Ausflüge dem Zufall geschuldet, weil es immer Gästeliste und Drinks for free gibt. och bisschen Müde, wird erst mal einer gebaut, wake-and-bake, dabei bisschen Instagram und so. Social Media für ne große Agentur war zuletzt mal ein berufliches Experiment, wie sich das eben gehört für einen Wortakrobaten in der Hauptstadt, so richtig gekickt hat ihn das nicht, eine Millionen Follower eines großen Bezahl-TV-Senders mit Crap voll zu posten. Dann lieber als Influenza-Kex digitalen Quatsch verzapfen, überwiegend self-entertainment. Taha Cakmak ist Kex Kuhl. Das Debütalbum Stokkholm ist fertig, es erscheint im Sommer und ist sehr gut geworden. Stokkholm handelt nicht von der Stadt, es handelt von Menschen. Gibt in der Psychologie ein Syndrom, das so heißt, das hat Taha zu dem titelgebenden Track inspiriert. Das Album handelt auch von Wein und so. Reflektiert die vergangenen Jahre, zwei EPs sind erschienen, Kex Kuhl hatte zuletzt mit „Ausgehen“ von der „5UND30“-EP einen Indie-Hit, der die letzten Monate finanziert hat. Erste eigene Tour, erste Mal Splash!, paar Umzüge und 50 Tattoos sind dazugekommen. So langsam fangen fremde Leute an, Taha auf Parties anzusprechen, geben Komplimente, komische Vögel sind dabei, in Berlin kauen die Leute auffällig oft auf ihren Zähnen, wenn sie mit einem reden. Weiterhin handelt das Debütalbum überwiegend von Menschen, die Trilogie eines Songs, der das Album in drei Kapitel unterteilt. Alte Götter werden metaphorisch zu Grabe getragen, moderne Höhlenmenschen werden beschrieben, die Rolle des Sohns anhand des eigenen Beispiels behandelt. Textlich wird Inneres nach außen gekehrt, aber für den Hörer vermutlich am wichtigsten, auf Stokkholm gibt es Melodien en masse. Stokkholm kommt komplett ohne Beats aus, alle Songs wurden auf einer alten, krummbäuchigen Akustikgitarre komponiert und später im Studio komplett organisch (d.h. ohne Samples) aufgenommen. Ein Affront gegen HipHop? Sicher nicht, es ging einfach um Akkorde und Melodien, nicht um Beats und Cuts. Was Taha an Melodien im Kopf hatte und was er textlich zum Ausdruck bringen wollte, passte nicht in das Korsett von klassischem HipHop, konnte nicht gesampled werden, musste komplett neu geschrieben werden. Jemand aus dem Umfeld meinte, Stokkholm sei ja praktisch „Grunge-Rap“. Aber das lässt Taha so einfach auch nicht gelten. „Es ist emotional, ja, aber ich würde nicht Emo oder Grunge dazu sagen“, sagt er. „Kurt Cobain und Nirvana fand ich früher schon ziemlich großartig, aber wo ist da die Parallele? Ich hatte immer mal wieder mit Panik-Attacken zu kämpfen, so Psychoscheiße halt, die ich in einigen Songs auch thematisiert habe. Aber wer mich kennt, der weiß, dass ich grundsätzlich ein lebensbejahender Mensch bin.“Kex Kuhl hat Battle-Rap hinter sich gelassen und ist gleichzeitig viel zu zurückhaltend, um den Leuten mit „intellektueller Scheiße“ auf die Nerven gehen zu wollen. Irgendwo dazwischen liegt Stokkholm - ein persönliches, selbstreflektierendes Album, das in erster Linie unterhalten möchte. Kein erhobener Zeigefinger, macht doch alle, was ihr wollt.  Wenn man als Türke in Deutschland aufwächst, wenn man familiär bedingt in der Kindheit ständig umzieht, dann ist man ein Stück weit heimatlos. Das muss man als Heranwachsender auch erst mal alles verarbeiten. Mit nunmehr 28 Jahren ist Taha Cakmak erwachsen geworden und kann verbalisieren (vgl. „Rap“), was er erlebt hat. Kex Kuhl kommt langsam zur Ruhe und blickt heute zurück auf bewegte Zeiten. Produziert hat das Album Alex Sprave in seinem brandneuen Studio im idyllischen und Menschenleeren Havelland. Sechs Wochen haben Taha und Alex gemeinsam mit Alex’ Familie im weitreichenden Studiokomplex gelebt und gearbeitet. Freunde sind sie dabei geworden. Zuletzt war Casper, Benjamin Griffey, hier zu Gast und hat die Vocals zu seinem Album „Lang lebe der Tod“ aufgenommen. Stokkholm, das Debütalbum von Kex Kuhl.

 

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