Gleis 8
Gleis 8
2013 waren GLEIS 8 als Quartett gestartet. Nach 20 Jahren als Sängerin von Rosenstolz suchte Anna R. und der einstige Rosenstolz-Saxophonist Lorenz Allacher mit den Hamburger Mitstreitern Timo Dorsch und Manne Uhlig eine neue Herausforderung. Vier kreative Köpfe, deren gemeinsames Musikverständnis gleichberechtigtes Arbeiten zulässt. Gemeinsam vermischten sie die Beats, die Keyboard- und Bläserarrangements und zu einem Cinemaskop-Klang, der Annas mal wilde und mal herzensweiche Stimme trägt. GLEIS 8 empfanden sich selbst vor zwei Jahren noch als unbeschriebenes Blatt – sie mussten ja erst noch herausfinden, wo die Reise hingeht. Doch binnen Kurzem wurden sie mit ihrem Debüt-Album „Bleibt das immer so“ und durch beständiges Live-Spielen zur neuen festen Größe. Die Band machte in den vergangenen zwei Jahren nicht nur wertvolle Erfahrungen auf der Bühne, sie wurde unterwegs auch zur Einheit mit ihrem Publikum. Ganz folgerichtig stand nun auch ein neues Album an. Doch die Aufnahmen wurden jäh unterbrochen: Lorenz Allacher und Manne Uhlig erkrankten an Krebs. Beide kämpften dagegen an. Manne schaffte es, die Krankheit zu überwinden, doch in die Freude über seine Genesung mischte sich bald die Trauer über den Tod von Lorenz. Ein Mensch, so nah, dass man ihn nicht ersetzen wollte. Also sind GLEIS 8 noch näher zusammen gerückt. Anna: „Wir vermissen ihn sehr, aber natürlich haben wir weiter gemacht. Das hätte Lorenz auch so gewollt, denn GLEIS 8 war sein letztes Baby. Es gibt nun kein viertes Bandmitglied mehr und auch auf der Bühne nimmt niemand seinen Platz ein. Das verteilt sich nun auf die Musiker, die da sind. Die müssen halt alle ein bisschen mehr machen.“ Kein Wunder also, dass ENDLICH stark autobiographische Züge trägt. Schon beim Opener „Alles auf Anfang“ findet sich vieles wieder, das die Band in den letzten zwei Jahren erlebt hat: „Alte Freunde, neues Glück, geh’n voran und nicht zurück“ meint natürlich den selbstgewählten Wechsel vom Platin-Act Rosenstolz zum Newcomer-Status. „Große Freiheit, Friedrichshain, nie zu Haus doch nie allein“ nennt die doppelte Heimat, in der sich GLEIS 8 seither bewegen – zwischen Hamburg und Berlin. Anna: „Das war ursprünglich ein langes Instrumental-Intro, das wir auf Tour gespielt hatten, zu dem wir alle nach und nach auf die Bühne kamen. Da haben wir dann alles reingepackt, was uns in den ersten beiden Jahren passiert ist. Und anschließend haben wir auf Neustart gedrückt!“ Musikalisch knüpfen GLEIS 8 dort an, wo sie ihre Reise vor zwei Jahren begonnen haben. Der perlende Klang der paraguayischen Harfe, der schon auf der ersten Platte verzaubert hatte, findet sich hier im Zwiegespräch mit einem groovenden Moog-Sound wieder. Sie sind auch etwas zupackender geworden. Schließlich werden Entscheidungen jetzt zu dritt gefällt. Da gibt es kein Patt mehr. Überhaupt hat sich die Band nun sehr viel mehr darin eingerichtet, was es heißt, GLEIS 8 Texte zu schreiben, GLEIS 8 Musik zu machen. Die schöne, getragene Melancholie gibt es erneut. Das wird auch nie anders sein, versichert Anna, denn „ja, es ist für uns nun mal leichter, traurige Songs als fröhliche zu machen. Man findet schönere Bilder. Und man findet ja auch im glücklichen Zustand selten Zeit, Songs zu schreiben. Dann hat man schon genug damit zu tun, glücklich zu sein.“ Oder glücklich zu werden, wie bei „Vorbei“: Da war gestern alles mies, aber plötzlich scheint die Sonne wieder. Und sie können auch wütend sein. Bei „Du lachst mich aus“ zeigt Anna ihre kräftige Stimme, ein wilder Song. Da wird aus dem zarten Selbstmitleid irgendwann die schöne Wut, die einen Neues anfangen lässt. Mit dem Partner, den Freunden, den Kollegen. Einfach mal alles rausschreien und dann von vorne anfangen. „Ich krieg wieder Luft, und steh’ wieder auf, ich hol mich zurück und schrei es laut raus.“ Eine Platte, die Mut macht. ENDLICH!
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