Jörn
Jörn macht Musik
Jörn hat den Soundtrack (für die Party) zur Rettung der Welt geschrieben: Ehrlich, rau, mit warmen Melodien und hintergründigem Witz. Als hätten die Ärzte 2020 als Singer-Songwriter neu angefangen oder Jack Johnson nach fünf Herrengedeck den Punk entdeckt und mit Rio Reiser einen drauf gemacht. Mit Texten, die ganz sicher nie im Radio kommen, und Refrains, die gut gelaunte Anarchie verbreiten. Es ist nie zu spät für gute Laune und aufrichtige Wut, aber es ist schon lang zu spät für unpolitische Musik. Und ob Rücken oder Rückgrat: Keine Haltung ist ungesund. "Album der Woche" ist bereits die zweite Veröffentlichung des Hamburger Singer/Songwriters Jörn. Das Erstlingswerk "Zehn Sommer" erschien 2012 noch unter dem Namen "einmannmusik" auf Timezone. Jörn hat den Soundtrack zur Rettung der Welt geschrieben: Ehrlich, rau, mit warmen Melodien und hintergründigem Witz. Als hätten die Ärzte 2020 als Singer-Songwriter neu angefangen oder Jack Johnson nach fünf Herrengedeck den Punk entdeckt und mit Rio Reiser einen drauf gemacht.Wenn Jörn sich fragt sich, ob es nicht geiler mit weniger war und wann sich Leistung wieder lohnt, treffen eingängige Refrains auf entschiedene Haltung und hintergründigen Witz. Ohne Blatt vorm Mund singt es sich besser. Und so kommt Jörn vielleicht nicht ins Radio aber dafür in die Herzen. Kann man gute Laune verbreiten und uns trotzdem die Doppelmoral um die Ohren hauen? Jörn schaut im abgerockten Bulli T3 vorbei und singt eine Hymne auf das Kätzchenvideo. Musste mal gemacht werden. Das alles ist frei von nervigem Sarkasmus und verlogenen Metaebenen, aber immer mit einer guten Punchline und vielleicht einem der längsten Hidden-Tracks der Musikgeschichte. Egal ob Jörn ruft dazu aufruft den Buckingham Palace zu besetzen, den Lichtschaltterrave feiern will, missverstanden wird oder selber missversteht: Wer nie am eigenen Anspruch scheitert, war nie Mensch. Es ist noch nicht zu spät für gute Laune und aufrichtige Wut, aber es ist schon lang zu spät für unpolitische Musik. Und ob Rücken oder Rückgrat: Keine Haltung ist ungesund. Feiern wir das Leben, die Apokalypse können wir immer noch besingen, wenn es zu spät ist. Ach und falls jemand fragt: Jörn war nur für den Kaffee hier. Aber er war gut mit Worten. Denn in den Worten und im Neudenken liegt das verbindende Element in all den Projekten, die Jörn in und neben der Musik vorantreibt. Er startet einen erfolgreichen Blog, der auf bisher unbekannte Art Politik, Grafiken und Texten verbindet, veröffentlicht bei einer renommierten Verlagsgruppe ein Buch mit fast 100 „Grafikenfür eine bessere Welt“ oder bringt ein absichtlich ohne Headliner aufgebautes Singer-Songwriter-Festival in Hamburg auf dem historischen Frachtdampfer MS Stubnitz mit zwei Stages, mehr als 1.000 Gästen, zwei Bühnen und 26 Acts erfolgreich über die Bühne - aber immer steht dahinter eine Idee, eine Geschichte und der Anspruch etwas endlich neu zu denken.Dieser Anspruch zieht sich auch durch das Album, bei dem hinter fast jeder Textzeileeine kleine oder große Wendung lauert und bei dem gerne mal im Refrain eine Auflösung vorbeischaut, die die Szenerie plötzlich in völlig neuem Licht erstrahlen lässt. Musikalisch hervorragend unterstützt von Achim Erz an den Drums (Schlagzeuger Bernd Begemann, Queen Mary u.a.) und John Lahann am Bass (circa jeder zweite Liveact im Hamburger Raum) wandert das Album entspannt und authentisch rau zwischen Songwriter, energischen Punkmomenten und manchmal sparsam elektronischen, manchmal südamerikanischen Gitarrenlinien durch alle Stile,ist aber nie um eine eingängige Melodie oder Textzeile verlegen. Man spürt: Da hat jemand unbändige Energie und und will uns alle mitnehmen auf die Reise. Denn wenn schon wegen Corona gerade keiner entspannt reisen kann, dann muss eben die Musik schaffen, was sonst nicht geht. Entstanden ist diese Energie vielleicht in den verpassten Gelegenheiten der Jugend. Denn Jörn wurde in Hamburg geboren, aber leider wenige Tage später gegen seinen später ausdrücklichenWillen nach Geesthacht in die Kleinstadt entführt. Außer Elbe war da nicht viel, und so blieben nur Drogen oder Musik. Nüchtern besehen hatte eine Musikkarriere zwar deutlich geringere Erfolgschancen, aber dafür das härtere Umfeld und größere Risiken für einen frühen Tod. Daher begann Jörn einen Kurs in klassischer Gitarre. Und das ganz eigene Gitarrenspiel und den warmen, häufig percussiven Klang hört man dem Album auch an - denn bis heute weigert sich Jörn standhaft eine Gitarre mitStahlseiten auch nur anzufassen. In Geesthacht stand bzw. steht übrigens auch das Pannen-Atomkraftwerk Krümmel und vor dem auch häufiger Jörn - bis er dann später Umweltwissenschaften studierte. Und diese Sorge um die Zukunft des Planeten, oder vielmehr unsere Zukunft, zieht sich wie ein roter Faden durch das Album. Aber sie wird dabei wird tanzbar, humorvoll, dringlich und mitfühlend zugleich, um das Album schließlich im Gemeinsam zu beenden. Oder auch nicht zu beenden. Denn wenn sich schon das Booklet nicht an irgendeine Konvention hält und statt der Songtexte Gedanken für einen zukunftsfähigeren Aufbau der Gesellschaft bereithält - darf natürlich auch die CD nicht auf normalem Wege enden, und ergänzt, in einem der vielleicht längsten Hidden Tracks der Geschichte, einfach noch ein Soloalbum nach dem Bandalbum.Aufgenommen ist das ganze übrigens im K-Klangstudio in Hamburg, von RonnieHenseler (Belgrad / Alien Boys / Kommando Sonne-nmilch) und RitchyFondermann, die beide in Punk / Postpunk bzw. Songwriter beheimatet, dem Ganzeneinen griffigen und angenehm zeitlos ehrlichen Schliff gegeben haben.
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