Andreas Liebert

Eine melancholische Reise durch Sehnsucht, Fragen und flüchtige Momente „Mondlandung“, die neue EP von Andreas Liebert, ist keine gefällige Wiederholung alter Erfolgsformeln, sondern ein scharfer, fast schon schmerzhaft ehrlicher Blick auf das, was uns bewegt und beschäftigt. Die vier Songs tauchen tief ein in die Gedanken- und Gefühlswelt eines Künstlers, der sich traut, die Dinge beim Namen zu nennen – ohne Rücksicht auf bequeme Wahrheiten. Von einsamen Türmen und stummen Fragen: „Fernsehturm“ Schon die erste Single „Fernsehturm“ macht klar, wohin die Reise geht: raus aus der Komfortzone, hinein in die bröckelnde Realität moderner Beziehungen. „Und ich schrei meine Fragen vom Fernsehturm, letzte Hoffnungen zwischen den Scherben“ – Lieberts’ Worte treffen ins Mark, sie spiegeln den Versuch, in einer Welt voller Ablenkungen noch einen letzten, echten Moment zu finden. Der Song fängt die beklemmende Atmosphäre eines Dialogs ein, der nie wirklich stattfindet. Mit einem Blick auf das Berliner Wahrzeichen, das hier nicht als Symbol für Aufstieg, sondern für Einsamkeit steht, gelingt Liebert eine klangliche Momentaufnahme, die tief unter die Haut geht. „Morgens um vier“ – Wenn Nähe zur Bürde wird „Morgens um vier“ erzählt von den stillen, fast unerträglichen Stunden, in denen die Schwere der Vergangenheit und die Unsicherheit der Zukunft aufeinanderprallen. Es ist ein Song über das Ausharren, das Schweigen und die Einsamkeit in der Zweisamkeit. „Verlier dich hier, verlier mich hier / Die Einsamkeit des Rückens an Rücken“ – Liebert fängt den Punkt ein, an dem Liebe und Verzweiflung sich zu gleichen beginnen, wo Nähe zur Last wird und jeder Schritt nach vorne nur einen weiteren ins Leere bedeutet. Dieser Song klingt nicht wie eine Lösung, sondern wie das ehrliche Eingeständnis, dass nicht immer alles heilbar ist. Zwischen Erinnerungen und Vergessen: „Mondlandung“ Mit „Mondlandung“ öffnet Liebert die Tür zu einer persönlichen Vergangenheit, die von verschwommenen Bildern und ungestellten Fragen geprägt ist. „Wie hast Du eigentlich geträumt? / Wie träumt man eigentlich von Zeit?“ fragt Liebert in einem eindringlichen Refrain, der den Verlust und die Unwiederbringlichkeit der Vergangenheit in den Vordergrund rückt. Es ist ein Lied über Abschied, über verpasste Gelegenheiten und die flüchtigen Momente, die oft erst im Nachhinein ihre Bedeutung entfalten. Zwischen historischen Referenzen und persönlichen Erinnerungen wird die Fragilität menschlicher Beziehungen zu einem poetischen Kaleidoskop. „Synonym“ – Wenn zwei Leben sich in den Nuancen treffen Mit „Synonym“ schließt Liebert die EP ab und fragt: Wie ähnlich können zwei Menschen sein, bevor sie sich verlieren? „Bist du das Synonym von mir? Oder sind wir zu verschieden, immer mit dem gleichen Sinn“ – dieser Song zeigt die Dualität von Nähe und Distanz, das Ringen um Gemeinsamkeit und die ständige Gefahr, sich im anderen zu verlieren. Liebert beschreibt die kurzen, berauschenden Momente, die sich am Ende immer wieder im Alltag auflösen. Der Song ist ein stiller Höhepunkt der EP, der sich zwischen Zeilen und Melodien auflöst, nur um am Ende zu fragen: Was bleibt, wenn die Liebe nur noch ein Spiegelbild ist? Zwischen Leichtigkeit und Schwere – eine EP für unsere Zeit „Mondlandung“ ist keine Musik, die sich mit einfachen Antworten zufriedengibt. Es ist eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Jetzt, mit den Momenten, in denen wir uns selbst begegnen – oft unsicher, manchmal mutig, immer menschlich. Liebert gelingt es, Zwischentöne und Nuancen so in Szene zu setzen, dass sie zu kleinen Hits werden, die tiefer treffen als jeder laute Slogan. Produzent Michael Haves hat den Sound von „Mondlandung“ mit einer Reduziertheit arrangiert, die gleichzeitig strahlt und bodenständig bleibt. Haves, bekannt als musikalischer Kopf der Indie-Pop-Band „Super700“, hat sich spätestens 2012 mit seinem Einfluss in den Indie- Playlisten verankert. Seine Erfahrung bringt eine musikalische Feinfühligkeit in die EP, die sowohl vertraut als auch neu erscheint. In der Tradition der Hamburger Schule – eine Verbindung zur Gegenwart „Mondlandung“ knüpft an die Tradition der Hamburger Schule an, die in den 90er Jahren mit Bands wie Tocotronic, Die Sterne und Blumfeld die deutsche Musikszene revolutionierte. Wie diese Pioniere der Indie-Rock-Szene versteht es auch Andreas Liebert, intime, introspektive Texte mit einem ausgefeilten Klangbild zu vereinen. Während die Hamburger Schule durch ihre emotional aufgeladenen, oft melancholischen Songs und ihre kritischen Betrachtungen des Alltags prägte, übernimmt Liebert diese Ästhetik und bringt sie in den Kontext der heutigen Zeit. Mit einem feinen Gespür für emotionale Tiefe und klangliche Nuancen gelingt es ihm, die Gedanken und Gefühle seiner Generation aufzugreifen und sie in einer Art und Weise auszudrücken, die sowohl an die Vergangenheit erinnert als auch neue Akzente setzt. „Mondlandung“ ist somit nicht nur eine Hommage an ein bedeutendes Kapitel der deutschen Musikgeschichte, sondern auch eine frische Interpretation dessen, was es bedeutet, heute zu leben und zu fühlen. Diese EP ist keine beiläufige Hintergrundmusik, sondern eine Einladung, genau hinzuhören. Sie bietet keinen Trost, sondern hält dem Hörer den Spiegel vor – und das ist vielleicht das Beste, was Musik heute leisten kann. Liebert schafft es, die großen Fragen des Lebens in kleine, zerbrechliche Songs zu verpacken, die noch lange nachhallen. „Mondlandung“ ist damit mehr als nur eine Sammlung von Songs – es ist eine melancholische Bestandsaufnahme dessen, was es heißt, heute zu leben, zu lieben und manchmal einfach nur auszuhalten. Lieberts’ Songs sind wie alte Freunde: vertraut, ehrlich, und sie fordern uns heraus, ohne je den Trost der gemeinsamen Erinnerung zu verlieren.

 

 

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